Feigen zum Frühstück

Kaum finde ich Zeit zu schreiben, so dass nun innerhalb der nächsten Woche gleich mehrere Texte folgen. Doch hier nun erst einmal der erste.

Die Großmutter mütterlicherseits hat ein Häuschen in Cotignac gemietet, mit einem kleinen Pool und einer großartigen Aussicht über bewaldete Hügel. Auch zwei Feigenbäume stehen in dem Garten, an denen gelbgrüne, unglaublich süße Früchte hängen. Halb getrocknet sind sie schon. Frische Trockenfrüchte... Die Tage sind trotz viel Arbeit ruhig hier. Die Großmutter genießt die Zeit mit den Kindern und die meiste Zeit habe ich nur Oscar. Richtig groß ist er jetzt schon und zieht sich überall hoch. Jede Nacht klettert der Mond leuchtend orange in den Himmel. Wunderschön, magisch verzaubert ist der Feigenbaum, bei dem ich mir jede Abend immer noch ein wenig was pflücke. Der Mondaufgang ist jedes Mal völlig neu. Völlig anders. Manchmal sind Wolken am Himmel, die eine dramatische Szenerie erzeugen. Manchmal wirkt alles völlig ruhig und nur vereinzelt zeigt sich bereits ein Stern am dunkelnden Himmel.

Ich genieße die Zeit mit Dominique und den Kindern. Fern von Kindergarten und Terminen blühen sie richtig auf. Am Ende der Woche wird es dann weiter zur anderen Großmutter gehen, die ein Ferienhaus in Canadel gemietet hat.

...und hinterm Garten liegt das Meer!

Wir kommen abends in Canadel an. Hier werde ich nun für eine Woche mit den drei Kindern bleiben, während in Cotignac für die Eltern die Weinernte beginnt. Das Ferienhaus liegt direkt am Meer. Wo der Garten an einem kleinen Mäuerchen endet beginnt dahinter, weichster, weißer Sandstrand. In dem Haus bin ich mit den Kindern, den Großeltern und noch zwei jugendlichen Mädchen, die die Patentanten von Oscar sind. Im Appartement nebenan wohnt während dem Urlaub der kleine Bruder von Albéric und dessen Familie. Außerdem ist mit dieser Familie Lea, eine Studentin der Politikwissenschaften und deren ehemaliges AuPair mitgekommen. Wir verstehen uns auf Anhieb sehr gut. Ich freue mich auf die Woche, auch wenn ich bereits ahne, dass es viel Arbeit wird, was sich im Laufe der Tage auch bestätigt.

Doch es ist auch wunderschön. Mit Arthur baue ich ein Sandschiff, mit Castille sammle ich Steine und Oscar genießt seinen ersten Sand und seine ersten Planschereien im Meer. Auch spielen Arthur und Castille gerne mit ihren Cousins und Cousinen. Später in der Woche schwimme ich mit Camille - eine der Cousinen und sieben Jahre alt - und Arthur auf eine schwimmende Plattform, von der aus wir Arschbomben ins Wasser machen. Es ist insgesamt ein großer Spaß und eine wundervolle Woche. Doch zu den besonderen Einzelheiten, gibt es extra Geschichten. ;)

Sternenwasser und Silbersand

Es ist spät und ein schmaler Sichelmond steht am Himmel. Die Kinder sind im Bett. Wir "Großen" hatten ein herrliches Nachtmahl und meine nackten Füße streifen über den Sand. Tagsüber glitzert und glänzt er silbern im Wasser, doch jetzt verdeckt das Wasser ihn wie ein schwarzer Spiegel aus Onyx. Die Wellen rinnen stetig rauschend an den Strand. Ich habe die Wasserlinie erreicht. Meine Zehen graben sich in nassen Sand. Mein Blick wandert über das glitzernde Dorf am Ufer. Der Mond zeichnet mir einen weißen Weg auf's kühle Nass. Es ist jetzt schon das zweite Mal, dass ich nachts noch schwimmen gehe. Tagsüber habe ich nicht unbedingt viel Zeit dazu, doch das ist es gar nicht, was mich bei Sternenlicht noch raus ins Wasser treibt, dass durch den Sonnenschein tagsüber noch nicht mal sonderlich kalt ist und mich jetzt sanft umschmeichelt. Nein, es ist die Magie, die der See innewohnt, wenn niemand sonst mehr da ist und sich die Sterne in ihr spiegeln. Die Verwirbelungen im Wasser, die meine Arme hervorrufen beim schwimmen glitzern. Sternenwasser. Das Meer ist wahrhaft magisch und es wäscht von mir auch die Anstrengungen des Tages. Ich lasse mich auf dem Rücken treiben. Fast immer malen ein paar Wolken Muster an den Himmel, doch in dieser Nacht nicht. Die Sterne funkeln zu mir herunter. Ich halte dieses Abendritual fast jede Nacht ab. Immer ist es wieder ganz anders.

Wilde Gärten und steile Klippen

Am Samstag habe ich einen Tag frei. Gerne würde ich etwas mit Lea unternehmen, doch sie muss leider arbeiten. So mache ich mich schließlich alleine auf nach Rayol, wo es einen mediterranen, botanischen Garten gibt. Die Themengebiete, angelegte Bereiche und Wildwuchs wechseln sich dort harmonisch ab. Ich entdecke einen Baum, dessen Stamm grasgrün ist und mit dem er Photosynthese betreiben kann. Vereinzelt blühen noch rosa Blüten an ihm. Nur ein paar Meter weiter streckt ein riesiger Eukalyptus seine Äste gen Himmel. Er ist wohl der größte von allen Bäumen. Zumindest in dem Teil, der einen botanischen Garten darstellt. Denn es handelt sich hierbei um ein Naturschutzgebiet, dass sich noch um einiges weiter erstreckt. Die Mittelachse des Gartens bildet eine breite, steinerne Treppe, die zugleich Bühne ist für ein Kunstwerk, dass sich "Birdland" nennt. An hohen Stangen, sind jeweils eine weitere waagrechte Stange befestigt, an dem sich auf einer Seite eine Feder und auf der anderen Seite eine weitere Stange mit Feder befindet und die wie ein Windrad funktioniert. Wann immer der Wind durch diese Federn streift und alles in Bewegung setzt, quietschen die Stangen, wie das Zwitschern von Vögeln. Dieses Geräusch begleitet mich auf Schritt und Tritt. Zwischenzeitlich pausiere ich in einer der Hängematten, die sich ab und an finden. Trotz der Trockenheit - das Bächlein des Gartens ist vollkommen ausgetrocknet - ist alles sehr grün. Von steppenähnlichen Bereichen, über Bambuswäldchen, bis zu urwaldähnlichen Gebieten ist alles dabei. Besonders gut gefällt mir die riesige Korkeiche mit ihrer knorrigen Rinde und ein hoher, dicker Kaktus mit einer wunderschönen, weißen Blüte. Erhaben, edel öffnet sie ihre große Blüte dem Sonnenlicht. Ganz außen sind ein paar grünliche Blätter. Ganz zart ist diese Blume und steht so im Kontrast zum Rest der Pflanze. Ich verbringe mehrere Stunden in den Gärten. Lustwandle durch bekanntes und unbekanntes Grünzeug und genieße meine freie Zeit.

 

Danach wandere ich noch ein ganzes Stück auf dem Weg weiter, der mich schon nach Rayol geführt hatte. Irgendwann öffnet sich das Gestrüpp zu meiner Rechten und es wirkt so, als könnte ich dort hinunter zum Felsstrand gehen. Schnell merke ich jedoch, dass der Berg doch zu steil ist. Doch gerade, als ich umkehren will, rutsche ich ab und ein gutes Stück auf dem sandigen Boden hinunter. Schnell wird mir klar, dass ich es unmöglich schaffen kann wieder dort hinauf zu kommen. So geht es doch immer weiter hinunter, wo das Meer an die Klippen schlägt. Ich klettere an den schroffen Felsen entlang. Hier zeigt sich die See und die Küste von einer viel wilderen, ungebändigteren Schönheit. Bald wird es schwieriger an der Küste entlang zu kommen. Zwischenzeitlich versuche ich sogar mit Hilfe meiner Flöte eines der Ruderboote zu mir zu rufen, doch die beachten mich nicht weiter. So muss ich einmeil durch brusttiefes Wasser waten. Mein Rucksack mit Flöte, Buch, Laptop und Kamera auf meiner rechten Schulter, den linken Arm für mehr Gleichgewicht ausgestreckt. Bald geht es auch daran zu klettern. Freeclimbing gehörte eigentlich nicht zu den Dingen, die ich unbedingt ausprobieren wollte, doch ich muss sagen - Spaß macht der Nervenkitzel schon und auch wenn gefährlich, so war es doch nie wirklich schwer. Die Klippen sind mit ihrem Schichtenaufbau fast so einfach zu erklettern wie eine Leiter. Jedoch hätte ich mir nicht unbedingt einen Bikini zum tragen ausgewählt. Die FlipFlops sind auch schon lange in den Rucksack gewandert und meine Füße schmerzen auf dem schartigen, heißen Gestein. Eineinhalb Stunden klettere ich so die Küste entlang, bevor es über mir weniger steil wird und ich auf dem Felsen in den mediterranen Wald kriechen kann, der hier ringsum die Hügel bedeckt. Nun ist ein mediterraner Wald nun das genaue Gegenteil von hoch, licht oder gar weich. Die meiste Zeit bewege ich mich auf allen Vieren vorwärts, wäre stachlige Pflanzen und bemühe mich, mich nicht mit meinem Rucksack im Dickicht zu verheddern. Doch bald erreiche ich den Zaun, der das Naturschutzgebiet vom Weg abgrenzt, den ich vor zwei Stunden entlang gewandert bin. Ich bin froh, dass es kein besonders hoher Zaun mit Stacheldraht ist, so dass ich ohne Schwierigkeiten darüberkraxeln kann. Ich habe mir eben mein Kleid wieder angezogen, dass für die Kletterpartie zu lang gewesen war, als eine der Mitarbeiterinnen und Naturschützerinnen vom botanischen Garten an mir vorbeifährt. Ich lächle sie freundlich an, wir haben uns bei ihrer Führung ganz gut verstanden. Sie hebt die Hand zum Gruße und ich mache mich auf den Heimweg, froh mich weder verletzt zu haben, noch von den falschen Leuten am falschen Ort gesehen worden zu sein. Ich glaube das ist das erste Mal, dass ich vernünftig sein wollte und dennoch ins Abenteuer gerutscht bin - wortwörtlich.

Fische im Sonnenschein

Es ist der vorletzte Tag und noch recht früh. Es sind noch kaum Menschen am Strand und ich schwimme diesmal ganz alleine zu der blauen Plattform, auf der ich auch schon mit den beiden großen Kindern war. Es ist noch ein kleines Kind mit seinen Eltern dort, doch sie gehen kurze Zeit nach meiner Ankunft, so dass ich den Platz ganz für mich alleine habe. Ich lege mich bäuchlings hin, mit dem Blick ins kristallklare Wasser. Die Strömung hat feine, silberne Linien gemalt. Es sind fast schon kleine Minidünen, die sich in weichen Mustern unter mir erstrecken. Das Sonnenlicht bricht sich in den Wellen. Regenbogenfarbenes Licht huscht über den Sand in sich stetig erneuernden Mustern. Wunderschön ist das. Still ist es um mich her. Die Stille zwischen Himmel und Meer. Jetzt kommen sogar noch einige Fische. Ganz kleine, beige schwarz gestreifte und drei größere, die sich in ein kräftiges Blau kleiden mit einem schmalen Streifen über die Augen. Ich beobachte sie, während Sonne und Wind über meine nasse Haut streifen. Die Luft schmeckt salzig. Später kommen dann ganze Gruppen von Halbstarken und eine kleine Gruppe mit alten Männern, was ich zum Anlass nehme wieder zurück zu schwimmen. Auf dem Rücken liegend, um die Wolken, die heute besonders schöne Muster bilden, zu beobachten.